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Interview

«Wir brauchen etwas Besseres als die menschliche Intelligenz»

Der Schweizer Neurowissenschaftler Pascal Kaufmann zeigte am Digitaltag 2023 in Vaduz die Chancen und Risiken von Künstlicher Intelligenz auf. Er forscht seit Jahren an der Schnittstelle zwischen Maschine und Mensch. Aus seiner Sicht überwiegen die Vorteile gegenüber allfälligen Gefahren.

Ruth Hafner Dackerman, Zürichsee-Zeitung

Herr Kaufmann, Sie wollen mit Ihrer Stiftung Mindfire die Schweiz zum Epizentrum für KI machen. Wie wollen Sie das anstellen?

Pascal Kaufmann: Wir setzen alles daran, menschenartige KI zum Wohle des Menschen zu bauen. In der Schweiz allein haben wir wenig Chancen, wenn wir nicht zusammenarbeiten. Mindfire bündelt Talente weltweit und verfolgt ein KI-Programm. Wenn wir Hunderttausende intelligente Menschen vernetzen, können wir so einen Superorganismus schaffen, welcher fast jedes Problem lösen kann und jeden Computer schlägt. Kombiniert mit neuen Technologien wie Chat-GPT, ergibt sich eine einzigartige Symbiose zwischen Mensch und Maschine.

Droht mit KI nicht auch, dass viele Arbeitsplätze verloren gehen?

Hoffentlich reduziert KI Arbeitsplätze. Das ist auch das Ziel der KI, nämlich Menschen zu entlasten und diese zu Grösserem zu befähigen. Es gibt so viele repetitive, stupide oder menschenunwürdige Tätigkeiten und Arbeiten, die besser von Maschinen bewältigt würden. Etliche dieser Jobs sollten automatisiert und die Menschen dahinter quasi befreit werden. Wir haben die Möglichkeit, mit KI den Menschen vollends von mühseligen Arbeiten zu entlasten. Der Mensch soll vielleicht eines Tages nur noch zwei bis drei Stunden oder gar nicht mehr arbeiten müssen.

Und wer bezahlt den Arbeitnehmenden dann den Lohn für die restlichen 37 Arbeitsstunden?

Wenn ein Mensch mit einer Maschine zusammenarbeitet, dann kann dies durchaus auch 80 Arbeitsstunden an Produktivität pro Woche entsprechen, wobei der Mensch drei Stunden davon zum Einsatz kommt, zum Beispiel indem er die Maschine steuert, ihr Anweisungen gibt oder das Ergebnis kontrolliert.

Wann wird dies so weit sein?

Ich glaube, es wird bald so weit sein, vielleicht per Ende dieser Dekade. Schon heute werden sehr viele Jobs ersetzt. Ich glaube nicht, dass es in Zukunft gleich viele oder sogar mehr Jobs geben wird. Es soll so sein, dass es weniger Arbeit für den Menschen gibt und die Lebensqualität weiter steigt.

Wieso soll eine KI den Job besser erledigen als ein Mensch?

KI ist wie der perfekte fleissige künstliche Assistent, macht praktisch keine Fehler, ist immer motiviert, braucht keine Pausen, macht nie Ferien, wird nicht krank und ist stets zu Diensten. Es gibt ein paar Jobs, die Menschen besser machen können als ein künstlich intelligentes Ebenbild, vor allem, wenn es um handwerkliche Arbeiten geht. Da werden Menschen noch lange den Maschinen überlegen sein. Es ist vorstellbar, dass die Pflegefachfrau oder der Pflegefachmann schon bald ein höheres Salär bezieht als der Arzt oder die Ärztin, welche aufgrund von medizinischen Parametern Entscheidungen fällen.

Bots können etwas als Fakt verkaufen, das weit von der Wahrheit entfernt ist. Welche Gefahren drohen durch KI?

Ich habe mehr Angst vor menschlicher Dummheit als vor KI. Wir brauchen etwas Besseres als menschliche Intelligenz. Unter Umständen ist es besser, wenn gewisse Maschinen Entscheidungen fällen, als wenn Menschen das machen. Seit je haben Menschen gewisse Ansichten, die dann als wahr gehalten oder verkauft werden, auch wenn diese nichts mit der Realität zu tun haben. Dass die Welt viereckig und flach ist, hat ein Grossteil der Menschheit über Jahrhunderte geglaubt. Man brauchte Jahrhunderte, wenn nicht sogar Jahrtausende, um solche Fehlannahmen zu korrigieren. Patriarchalische Systeme oder Rassismus entstanden durch Menschen, noch lange bevor es Computer oder Social Media gab. Der technologische Fortschritt hat allgemein zu einer besseren Welt mit höherer Lebenserwartung geführt. KI kann ein goldenes Zeitalter einläuten, wenn wir diese zum Wohle des Menschen einsetzen.

Wie kann man Missbrauch von KI verhindern?

Je mächtiger etwas ist, desto mehr kann es zum Guten wie auch zum Bösen eingesetzt werden. Der Mensch macht etwas gut oder böse. Klar kann man auch stumpfe Messer verteilen, doch ist deren Nutzen dann auch sehr beschränkt.

Kann die Schweiz überhaupt mit dem Silicon Valley mithalten?

Es ist von hoher Bedeutung, dass wir Chat-GPT in der Schweiz bauen. Wenn KI von einem diktatorischen Land in Asien gebaut wird und es einen Punkt Abzug gibt, wenn man bei Rot über die Strasse geht, dann baut man KI für Regierungen. Eine KI für eine grosse, mächtige Softwarefirma zu bauen, wäre das zweite gefährliche Szenario. Mit der Firma Mindfire beschreiten wir einen dritten Weg, indem wir Firmen wie Alpine AI gründen, die Swiss-GPT und andere Technologien für den Menschen bauen. Insbesondere legen wir den Fokus von KI auf die Beschleunigung der Spitzenforschung mit Fokus auf Gesundheit und das Heilen von verheerenden Krankheiten.

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