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Interview

«Für mich ist alles Humor, was KI nicht kann»

Patrick Karpiczenko ist Autor, Komiker, Regisseur und Dozent mit einem vielseitigen Portfolio. Er entwickelte zahlreiche TV-Formate, darunter die Late-Night-Show «Deville» für SRF, und schreibt Kolumnen für renommierte Printmedien wie den Tagesanzeiger, die NZZ und den Beobachter. Zudem betreibt er mit Natascha Beller die Produktionsfirma Apéro Film und ist als Speaker sowie Dozent für Künstliche Intelligenz tätig. Am Digital Summit 2025 in Vaduz hält Patrick Karpiczenko (Karpi) das abschliessende Referat.

1. Patrick, du bist Autor, Komiker, Regisseur und Dozent für Künstliche Intelligenz. Wie bringst du all diese Rollen unter einen Hut?
Für mich sind all diese Rollen verbunden. Ich sehe mich in erster Linie als Unterhalter, und all diese Berufe bieten mir die Möglichkeit, mein Publikum zu unterhalten und aufzuklären. Gerade Aufklärung ist mir wichtig und war seit jeher Teil jeder guten Satire. Was Künstliche Intelligenz angeht, ist Aufklärung gerade bitter nötig – vor allem bei den Entscheidungsträger:innen in Politik und Wirtschaft.

2. Als Kolumnist schreibst du für grosse Medien wie den Tagesanzeiger und die NZZ. Welche Themen reizen dich besonders?
Es wird für mich immer interessant, wenn Technologie mit anderen Sphären in Berührung kommt – mit der Gesellschaft, mit dem Zwischenmenschlichen oder Alltäglichen. Ich liebe es, zu fabulieren, Zukunftsszenarien zu zeichnen und die Frage zu stellen: «Was wäre, wenn?». Und Pointen mag ich natürlich auch.

3. In einem Interview hast du mal gesagt: «Für mich ist alles Humor, was KI nicht kann.» Wie definierst du die Grenzen zwischen menschlichem Humor und den Fähigkeiten von KI?
KI-Modelle wie ChatGPT sind notorisch schlecht darin, lustig zu sein. Humor bedingt Kontext und Überraschung – jeder Witz ist eine Abweichung von der Norm. KI-Modelle hingegen bauen auf Statistik auf und produzieren in erster Linie durchschnittliches Mittelmass. Aber je besser sie mit der echten Welt verwurzelt sind und je mehr sie ihre Fühler in unseren Alltag strecken, umso besser wird auch ihr Humor.

4. Künstliche Intelligenz spielt eine immer grössere Rolle in Kunst und Medien. Wo siehst du die grössten Chancen und Herausforderungen für Kreative?
Die Chancen liegen darin, die Kosten des künstlerischen Handwerks zu senken. Die Produktion eines Spielfilms war bisher ungemein teuer, was zur Folge hatte, dass nur Themen verfilmt wurden, die einer Mehrheit der Bevölkerung entsprachen. Mutige Stoffe von marginalisierten Stimmen kamen zu kurz. Dank generativer KI erhalten Einzelkünstler:innen die Werkzeuge, um ihre Ideen umzusetzen – und sind dabei weniger abhängig von Produktionen, Fernsehanstalten und Geldgeber:innen.

Die Gefahren sind ebenso riesig. Wenn die Möglichkeiten der Technologie ungerecht verteilt werden, droht die Schere zwischen Arm und Reich weiter auseinander zu gehen. Die Ausbeutung von Kreativen droht grösser zu werden, auch weil aktuelle KI-Modelle nur funktionieren, weil sie mit den Werken von Künstlerinnen und Künstlern trainiert wurden – ohne deren Einverständnis.

5. Inwiefern beeinflusst KI dein eigenes Schaffen? Siehst du sie als Werkzeug oder als Konkurrenz?
Für mich persönlich beflügelt sie jede Facette meines Schaffens – ausser der Buchhaltung. Meine Spesenabrechnung muss ich immer noch mühsam selber machen.

6. Welche Entwicklungen in der digitalen Welt faszinieren dich derzeit am meisten?
Letztes Jahr lernten die KI-Modelle zu singen. Das Generieren von Sprache und Musik fasziniert mich endlos. Im Moment arbeite ich zudem an diversen Chatbots – virtuellen Charakteren, mit denen man sich in Echtzeit unterhalten kann – und das nur mittels der eigenen Stimme.

7. Als Speaker und Dozent vermittelst du Wissen zu KI. Wie reagieren Menschen auf deine Vorträge? Gibt es mehr Faszination oder Skepsis?
Die Faszination überwiegt. Ich geniesse meine Vorträge zum Thema KI sehr, gerade weil das Thema niemanden kalt lässt. Jede und jeder im Publikum bringt eigene Meinungen, Ideen und Sorgen mit. Die Fragerunde nach den Vorträgen – egal ob auf der Bühne beim Q&A oder im Anschluss beim Apéro – ist mir persönlich immer ein besonderes Vergnügen.

8. Was müssen Medienschaffende und Kreative heute tun, um mit der rasanten digitalen Transformation Schritt zu halten?
Wir dürfen die Transformation nicht verschlafen, und Verweigerung wäre fatal. Gleichzeitig sollte man sich keinen grossen Druck machen und den neuen Möglichkeiten spielerisch begegnen. Ich empfehle deshalb, nicht nur ChatGPT auszuprobieren, sondern die gesamte Bandbreite an Tools zu erforschen. Durch die Auseinandersetzung mit einer Vielzahl von Tools lernt man schnell, was KI-Modelle können und was nicht.

9. Wenn du eine Vision für die Zukunft der Medien und Unterhaltung formulieren könntest, wie würde diese aussehen?
Im Idealfall ist sie fairer, gewissenhafter und effizienter. Anstatt für ein Massenpublikum zu produzieren, können wir in Zukunft viel kleinere Zielgruppen erreichen. Kunst kann persönlicher und spezifischer werden.

10. Die Aufgabenteilung zwischen Menschen und KI muss praktisch neu definiert werden. Mit welchen menschlichen Stärken kann KI (noch) nicht mithalten?KI-Modelle fehlt es an Antrieb und Kontext. Sie generieren im luftleeren Raum – ihre Arbeit ist nicht geprägt von Leidenschaften und Schwächen. KI-Modelle haben (im Gegensatz zu uns) nichts zu verlieren. Das macht unsere Arbeit wertvoll.

11. Beim Eurovision Song Contest hast du den KI-generierten Song «My Fürst Kiss» für Liechtenstein mitentwickelt. Wie bist du auf Liechtenstein gekommen? Kannst du uns mehr über diesen Prozess erzählen?
Meine Obsession mit Liechtenstein ist schon älter – ein Grund, weshalb wir mit der Late-Night-Show «Deville» 2019 eine Spezialsendung über das Fürstentum gemacht haben. Als das SRF letzten November auf mich zugekommen ist, um Inhalte für ihre KI-Themenwoche zu produzieren, wusste ich, dass Liechtenstein eine ideale Spielfläche bietet, um den Stand der Technologie aufzuzeigen.

Liechtenstein ist und war nie Teil des Eurovision Song Contests – leider. Ich habe mich gefragt, welche Lieder das Ländle an den Contest geschickt hätte, falls sie all die Jahre dabeigewesen wären. Dank KI konnten wir dieses Gedankenexperiment in Windeseile umsetzen. So entstand ein Zusammenschnitt aus einem halben Jahrhundert fiktionaler Auftritte von Liechtenstein am ESC mit Songs wie «Prosecco und Edelweiss», «Frauen sind wichtig» oder «Money Money Monarchy».

12. Nun trittst du anlässlich des Digital Summits am 15. April sogar in Liechtenstein als Speaker auf. Warum sollte man das auf keinen Fall verpassen?
Eigenlob stinkt, aber meist bekomme ich von Menschen das Feedback, dass mein Auftritt ihnen ein besseres Gefühl für die Technologie vermittelt hat, Hemmschwellen abgebaut wurden und sie im Anschluss mehr Lust haben, all die neuen Möglichkeiten auszuprobieren. Und gelacht wird natürlich auch.

Patrick, vielen Dank für das erfrischende Gespräch. Wir freuen uns auf deinen Auftritt beim Digital Summit 2025!


Digital Summit 2025: KI-Transformation als Schlüssel der digitalen Zukunft
Der Digital Summit verwandelt am 15. April den Vaduzer-Saal erneut zum Dreh- und Angelpunkt der digitalen Transformation. An der führenden Digitalkonferenz der Region sprechen hochkarätige Expertinnen und Experten wie Google Schweiz Chefin Christine Antlanger-Winter, Stephan Sigrist, Gründer des Think Tanks W.I.R.E., Autor und Komiker Patrick Karpiczenko, KI-Experte Malcolm Werchota oder Fabian Schmid, neuer Amtsleiter Informatik über die Erfolgsfaktoren und die Bedeutung von Künstlicher Intelligenz (KI) für Wirtschaft und Gesellschaft. Programm und Tickets: www.digitalsummit.li

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