Martin Schädler ist Mitglied der Geschäftsleitung bei der Finanzmarktaufsicht (FMA) Liechtenstein und verantwortet neben IT und Finanzen auch das HR. Er ist Boardmitglied von digital-liechtenstein.li. Im Interview mit digital-liechtenstein.li erzählt er, wie sich die Digitalisierung auf die Finanzmarktaufsicht Liechtenstein und deren Mitarbeitende auswirkt.
1. Wie stark seid ihr von der Digitalisierung betroffen?
Martin Schädler: Die FMA ist stark von der Digitalisierung betroffen und das gleich auf mehreren Ebenen. Zum einen haben wir zahlreiche Prozesse digitalisiert. Diesen Weg wollen wir fortsetzen und den Digitalisierungsgrad weiter erhöhen. Zum anderen werden die Geschäftsmodelle der Beaufsichtigten immer digitaler. Das müssen wir in unseren Aufsichtsprozessen entsprechend berücksichtigen.
2. Welche konkreten Auswirkungen hat die digitale Transformation auf eure Geschäftsprozesse und Mitarbeitenden?
Unsere Prozesse sind bereits stark digitalisiert. Den Grundstein dafür haben wir bereits 2010 mit unserer IT-Strategie gelegt. Für unsere Mitarbeitenden ist das natürlich ein Kulturwandel und initial auch manchmal mit Aufwand verbunden. Auf mittlere Sicht profitieren aber gerade die Mitarbeitenden stark davon. Effizienzgewinne schaffen Freiraum für andere Aufgaben und die Digitalisierung erhöht auch die Flexibilität. Unsere Mitarbeitenden können heute ortsunabhängig ohne Einschränkungen arbeiten.
3. Welche Strategien verfolgt ihr, um die Mitarbeitenden bei der digitalen Transformation zu involvieren und zu begeistern?
Die Mitarbeitenden zu involvieren ist zentral. Wir versuchen, unsere Kollegen möglichst früh in die Digitalisierungsprozesse einzubinden und so ein breites Verständnis zu schaffen. Und wichtig ist auch, dass die Mitarbeitenden einen Sinn in der Digitalisierung sehen. Da sie mittelfristig meist direkt von der Effizienz- und Flexibilitätssteigerung profitieren, glaube ich, dass uns das meist gut gelingt. Wir legen auch grossen Wert auf die Förderung eines digitalen Mindsets und entsprechender Fähigkeiten bei unseren Mitarbeitenden.
4. Welche wichtigen Lektionen habt ihr bisher bei der Umsetzung der digitalen Transformation gelernt?
Die Entwicklung ist natürlich rasant. Da ist es aus meiner Sicht wichtig, dass man sich nicht verzettelt. Man kann nicht immer die grosse, alles umfassende Lösung anstreben. Wir haben gute Erfahrungen damit gemacht, neue Entwicklungen rasch in kleinen Teilprozessen einzuführen und damit auch zu testen. Wenn man erste Erfahrungen gesammelt hat, kann man grössere Lösungen fundierter beurteilen.
5. Welche nennenswerten digitalen Innovationen gibt es bei euch im Unternehmen?
Da ist die Liste mittlerweile lang. Eines der aktuellsten Projekte ist beispielsweise unser unternehmensweiter Data-Lake, in dem alle Aufsichtsdaten – auch von angebundenen Systemen – zentral gespeichert werden. Dies ermöglicht den Mitarbeitenden, individuelle Visualisierungen, Datencluster und Abfragen zu generieren. Das Big-Data-Cluster enthält bereits mehr als 500 komplexe Kennzahlen.
6. Wo siehst du bei euch die grössten Herausforderungen bei der Umsetzung der digitalen Transformation?
Herausfordernd ist sicher die rasante Geschwindigkeit des digitalen Wandels. Wir versuchen natürlich, Schritt zu halten und auch unsere Unternehmenskultur entsprechend zu entwickeln. Wie gesagt, müssen dazu insbesondere auch die Mitarbeitenden befähigt werden. Als herausfordernd würde ich auch das Thema Cyber-Sicherheit bezeichnen. Auch hier muss man aufpassen, nicht ins Hintertreffen zu geraten und die notwendige Awareness bei den Mitarbeitenden sicherstellen.
7. Welche Rolle spielt Künstliche Intelligenz in deinem Unternehmen?
Wie bereits erwähnt, haben wir gute Erfahrungen damit gemacht, neue Technologien zuerst im kleinen Rahmen auszurollen – so auch beim Thema Künstliche Intelligenz. Wir haben beispielsweise eine K.I. für interne, juristische Abklärungen im Einsatz. Bei entsprechend positiven Erfahrungen, wäre eine Möglichkeit, diese Technologie auch für externe Anfragen einzusetzen.
8. Wie siehst du den Digitalstandort Liechtenstein im internationalen Vergleich aufgestellt?
Eine flächendeckende Einschätzung ist nicht ganz einfach. Ich sehe aber zumindest immer wieder sehr positive Beispiele. Gerade auch bei den Geschäftsmodellen unserer Beaufsichtigen sehen wir immer wieder innovative Lösungen mit einem hohen Digitalisierungsgrad. Die Standortinitiative «digital-liechtenstein.li» ist für mich eine Vorzeigeplattform und hilft uns sehr, damit wir den Anschluss beim Thema Digitalisierung nicht verlieren und uns mit kompetenten Partnern und Organisationen austauschen können.
Vielen Dank für das Gespräch!