Verwaltung der Zukunft: Liechtenstein digitalisiert

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Interview

«Ein digitales Ökosystem entsteht durch Verbindung, nicht nur durch Technik»

Stephan Gstöhl ist ein erfahrener Fachmann in der Finanz- und Treuhandbranche mit der liechtensteinischen Treuhänder-Prüfung. Nach Jahren der Tätigkeit in traditionellen Sektoren verlagerte er seinen Schwerpunkt auf digitales Unternehmertum und die Beratung zu innovativen Geschäftsmodellen. Als Spezialist für Business Model Development und IT-Projektleitung engagiert er sich heute bei digihub.li für den Aufbau eines digitalen Ökosystems in Liechtenstein. Digihub.li ist Mitgliedsunternehmen von digital-liechtenstein.li.

Stephan, du bist Co-Founder von digihub.li und setzt dich in diesem Zusammenhang auch für digitale Ökosysteme ein. Ein erster wichtiger Meilenstein für den Aufbau eines digitalen Ökosystems ist dein Projekt «Public API». Kannst du kurz erklären, wie dein aktuelles Projekt «Public API» diese Vision unterstützt?
Die Public API dient als Fundament des digitalen Ökosystems und läutet eine neue Ära der Konnektivität ein. Sie schafft eine zentrale Schnittstelle, über die Behörden, Unternehmen und Privatpersonen unter- und miteinander Daten austauschen können. So lässt sich ein Behördengang, der bisher Stunden dauerte, in wenigen Minuten erledigen und Firmen können komplexe Verwaltungsprozesse vollständig digital abwickeln. Gerade für KMU wird die Public API ein echter Gamechanger, da sie sich wieder auf ihr Kerngeschäft konzentrieren können.

Kannst du konkrete Beispiele geben, wie Unternehmen von der Public API profitieren?
Ein Beispiel ist die Unternehmensgründung. Heute muss man dafür Ämter, Immobilienbüros, Versicherungsgesellschaften besuchen und die meisten Dokumente vor Ort einreichen – ein langwieriger Prozess. Mit der Public API können Gründer:innen Dokumente wie Handelsregisterauszüge, Versicherungsnachweise oder Mietverträge elektronisch beglaubigen, unterzeichnen, aufbewahren und übermitteln. Das spart nicht nur Zeit, sondern reduziert auch Fehler. Mit der Public API werden Daten also einmal zentral hinterlegt und bei Bedarf auf Knopfdruck an die richtige Adresse geschickt. Das spart Ressourcen und vermeidet unnötigen Aufwand – auch für Prozesse wie Buchhaltung und Revisionen, da die benötigten Informationen sicher und effizient zwischen allen beteiligten Parteien ausgetauscht werden können.

Das klingt fast zu gut, um wahr zu sein. Wie steht es um den Datenschutz?
Unser Ansatz basiert auf selbstsouveräner Datenverwaltung. Das bedeutet, dass Privatpersonen und Unternehmen die volle Kontrolle über ihre Daten behalten. Sie sind in einer «digitalen Brieftasche» gespeichert und werden nur bei Bedarf – und temporär – freigegeben. So bleibt die Privatsphäre geschützt und Sicherheit gewährleistet.

Welche Chancen siehst du für Liechtenstein, wenn dieses Infrastruktur-Projekt erfolgreich umgesetzt wird?
Die Chancen sind enorm. Liechtenstein könnte sich mit der Public API als Pionier positionieren und erstmals alle wichtigen Aspekte der Verwaltung und des Geschäftslebens miteinander verbinden – damit wären wir das erste Land, das Datenschutz und Digitalisierung vereint. Das eröffnet uns nicht nur auf nationaler Ebene neue Geschäftsfelder: Unternehmen auf der ganzen Welt suchen nach Standorten, die digitale Infrastruktur und Datenschutz vereinen. Wir legen also gerade einen wichtigen Grundstein, der Liechtenstein ein für alle Mal als Anlaufstelle für Innovation etabliert und für Technologien wie Blockchain und Künstliche Intelligenz noch attraktiver macht.

Das klingt ambitioniert. Was treibt dich persönlich an?
Durch meine Erfahrungen in verschiedenen Bereichen – ob Finanz-, IT-Sektor oder Politik – habe ich immer wieder festgestellt, dass es oft an grundlegenden Strukturen fehlt, die eine effektive Vernetzung ermöglichen würden. Obwohl das Potenzial in Liechtenstein eigentlich riesig wäre: Wir sind ein kleines, agiles Land und könnten uns die kurzen Wege zu eigen machen, um echte Innovation zu schaffen. Die Vision, unser Land nachhaltig zu vernetzen und international zu stärken, motiviert mich sehr.

Wo steht das Projekt und wie gestalten sich die nächsten Schritte?
Wir sind auf einem vielversprechenden Weg. Konkret haben wir den Bedarf in Liechtenstein ermittelt und planen nun einen ersten einfachen Prototyp als MVP (Minimum Viable Product) umzusetzen – dazu suchen wir übrigens noch engagierte Partner wie liechtensteinische Verbände und Unternehmen, die technologische Expertise und Engagement mitbringen. Das Ziel: Die Vorteile unserer Lösung aufzeigen und die Marktakzeptanz testen. Denn die Public API ist nicht nur eine technische Entwicklung: Sie ist eine Investition in unsere Zukunft und die Grundlage für digitale Innovation und nachhaltige Geschäftsmodelle. Sie ist eine Infrastruktur, die uns nicht nur effizienter und unabhängiger macht, sondern auch neue sinnstiftende Perspektiven eröffnet. Gemeinsam können wir Liechtenstein an die Spitze der digitalen Entwicklung bringen!

Vielen Dank für das Gespräch!

Über digihub.li
Digihub.li ist der European Digital Innovation Hub (EDIH) für Liechtenstein. Die Plattform fördert digitale Innovation, sinnstiftende Zusammenarbeit und nachhaltige Geschäftsmodelle. Sie unterstützt KMU und den öffentlichen Sektor bei der digitalen Transformation durch Coaching, Trainings und den Aufbau digitaler Ökosysteme. Ziel ist es, Liechtenstein als führenden Standort für digitale Innovation und nachhaltiges Wirtschaften zu etablieren.

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