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Interview

«Unsere Mitarbeitenden sollen, dank Effizienzsteigerungen durch die Digitalisierung, mehr Zeit für unsere Gäste gewinnen»

Heinrich Toldo ist seit März 2021 als CEO der b_smart selection verantwortlich für die operative Gesamtleitung des Unternehmens. Er ist Boardmitglied von digital-liechtenstein.li und gibt im Interview mit digital-liechtenstein.li einen Einblick, wie sich die digitale Transformation auf die b_smart selection und deren Mitarbeitende auswirkt.

1. Wie stark seid ihr von der Digitalisierung betroffen?
Wir sind von der digitalen Transformation sehr stark betroffen. Die Digitalisierung ist für b_smart ein essenzieller Bestandteil des Geschäftsmodells. Wir verkaufen eine Remote-Rezeption für uns selbst aber auch für Dritte. b_smart ist damit sowohl Hotelbetreiber als auch Tech-Dienstleister. Die Kundenanforderungen im Hinblick auf digitale Services steigen laufend und erfordern, dass wir uns beim digitalen Wandel stetig weiterentwickeln und stark investieren.

2. Welche konkreten Auswirkungen hat die digitale Transformation auf eure Geschäftsprozesse und Mitarbeitenden?
Gerne beginne ich mit unseren Mitarbeitenden. Unser Ziel ist, dass unsere Mitarbeitenden, dank Effizienzsteigerungen durch die Digitalisierung mehr Zeit für unsere Gäste gewinnen. Mit der Digitalisierung wollen wir ihnen repetitive Arbeiten ersparen, damit sie mehr Zeit für andere Aufgaben haben. Wir sehen viele positive Auswirkungen, aber die digitale Transformation ist für alle Mitarbeitenden auch mit einem erheblichen Aufwand verbunden. Gefragt ist bei uns ein digitales Mindset, eine digitale Denkweise, eines jeden einzelnen. Auf der einen Seite ist es sehr herausfordernd, Personal mit einem solchen digitalen Mindset zu finden, auf der anderen Seite arbeiten bei uns aber auch Mitarbeitende, die genau wegen dieser Haltung bei uns tätig sind. Wichtig ist, dass unsere Mitarbeitenden wissbegierig, lern- und experimentierfreudig sind, denn man lernt nie aus und eine stete Weiterbildung ist unverzichtbar. Ein Beispiel für die Optimierung eines Geschäftsprozesses ist die Bestellung einer Firmenrechnung. Früher haben wir diesen Ablauf manuell per E-Mail abgewickelt. Bei der neuen Lösung kann der Kunde seine Daten selbstständig im System pflegen. Dadurch entsteht eine Win-Win-Situation, unsere Mitarbeitenden haben aufgrund von Effizienzsteigerungen mehr Zeit für andere Dinge und der Gast gewinnt Zeit.

3. Welche Strategien verfolgt ihr, um die Mitarbeitenden bei der digitalen Transformation zu involvieren und zu begeistern?
Von zentraler Bedeutung ist die Unternehmenskultur. Bei uns zählt das bessere Argument mehr als die Hierarchiestufe. Verbesserungsvorschläge von Mitarbeitenden sind ausdrücklich erwünscht und werden gefördert. Die Nähe zu den Mitarbeitenden ist dabei von hoher Wichtigkeit. Sehr wichtig ist auch eine hohe Transparenz. Das erreichen wir, indem wir Erfolgsgeschichten miteinander teilen und so gegenseitig voneinander profitieren. Den Mitarbeitenden muss der konkrete Nutzen der Digitalisierung für jeden einzelnen spürbar gemacht werden, dann lassen sie sich auch begeistern.

4. Welche wichtigen Lektionen habt ihr bisher bei der Umsetzung der digitalen Transformation gelernt?
Wir haben gelernt, dass insbesondere der menschliche Aspekt für den Erfolg der Digitalisierung entscheidend ist. Der technische Teil ist auch wichtig, ist aber ein Hygienefaktor. Deshalb erfordert der Mensch am meisten Aufmerksamkeit bei der Digitalisierung. Häufig sind die Mitarbeitenden auch überfordert und dann ist es ganz wichtig, dass man die Digitalisierung gemeinsam und mit entsprechender Konsequenz und Durchhaltewillen durchzieht. Als Chef muss man für die Mitarbeitenden Vorbild sein und es muss einem gelingen, die Mitarbeitenden für die digitale Transformation zu begeistern.

5. Welche nennenswerten digitalen Innovationen gibt es bei euch im Unternehmen?
Hier möchte ich gerne unseren Effizienzgewinn beim Frühstücksprozess erwähnen. Bei spontanen Buchungen ist die kurzfristige Planung des Frühstücksbedarfs sehr schwierig. Deshalb haben wir diesen Prozess optimiert. Die lokalen Bäcker, mit welchen wir zusammenarbeiten, werden im Gegensatz zu früher, automatisch über unser Buchungssystem per E-Mail über das aktuelle Gästeaufkommen informiert und können entsprechend planen. Aufgrund dieser Information werden die Bestandteile des Frühstücks vorbereitet und angeliefert. Damit stellen wir sicher, dass immer genügend Essen beim Frühstück vorhanden ist, aber auch kein Foodwaste entsteht. Diese Optimierung ist besonders wertvoll, da dieser Ablauf täglich vorkommt.

6. Wo siehst du bei euch die grössten Herausforderungen bei der Umsetzung der digitalen Transformation?
Die grössten Herausforderungen, aber auch Chancen, sehen wir beim Datenmanagement. Die Kunst besteht insbesondere darin, aus der Fülle der vorhandenen Daten stufengerecht die richtigen Daten herauszufiltern und diese gewinnbringend zu nutzen. Die zweite grosse Herausforderung stellt für uns die Rekrutierung von Spezialisten im digitalen Bereich dar. Bei Rekrutierungsgesprächen mit digitalen Talenten stellen wir immer wieder fest, dass Ballungszentren gegenüber Liechtenstein als Arbeitsort einen Vorteil geniessen.

7. Welche Rolle spielt Künstliche Intelligenz in deinem Unternehmen?
Bei der Künstlichen Intelligenz stehen wir noch ganz am Anfang. In einigen Bereich nutzen wir aber bereits Künstliche Intelligenz, beispielsweise in unserer telefonisch virtuellen Rezeption für die Informationsbeschaffung, beim HR für Stellenbeschriebe oder auch beim digitalen Marketing. Auch für die Auswertung von Gästebewertungen nutzen wir immer mehr die Möglichkeiten von KI. Bei diesen Anwendungen profitieren wir vor allem vom Zeitgewinn durch KI. In Zukunft sehe ich auch grosses Potenzial mit KI in Zusammenarbeit mit Systemen wie Booking, Expedia etc, hier stehen wir aber noch ganz am Anfang. KI sollte auch kritisch hinterfragt werden, denn es hat viele Vorteile, aber man sollte nicht verpassen, sich auch mit den wesentlichen Inhalten auseinanderzusetzen.

8. Wie siehst du den Digitalstandort Liechtenstein im internationalen Vergleich aufgestellt?
Ich denke, dass sich in den letzten Jahren viel getan hat in Liechtenstein, auch dank der Initiative digital-liechtenstein.li. Der Austausch von Wirtschaft, Staat und Wissenschaft ist sehr wichtig. Die Kleinheit von Liechtenstein kann hier von Vorteil sein. Was meiner Meinung nach noch Potenzial hat, ist der Bereich der Konnektivität. Da waren andere schneller als wir, obwohl wir in den letzten Jahren in diesem Bereich aufgeholt haben. Eine gut funktionierende Konnektivität ist eine Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche digitale Transformation.

Vielen Dank für das Gespräch!

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