Rückblick Digital Summit: KI – Transformation der Zukunft

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Fachbeitrag

«Wir werden viel Geld investieren, um die Mobile-Netzqualität zu verbessern»

In den vergangenen Jahren hat die Telecom Liechtenstein AG eine tiefgreifende Transformation vollzogen, berichten Verwaltungsratspräsident Franz Wirnsperger und Geschäftsführer Aldo Frick. Auch im Verwaltungsrat gibt es Veränderungen: Neuer Verwaltungsratspräsident ab 1. Januar 2026 wird Richard Quaderer, aktuell Leiter des
RhySearch Forschungs- und Innovationszentrums. Interview: Corina Vogt-Beck, Wirtschaftregional

Vergangenes Jahr haben Sie die Abo-Preise erhöht, um auf die steigenden Kosten bei den Anschlussleitungen für das LKW-Glasfasernetz zu reagieren. Kam es zu einem Knick bei den Kundenzahlen?
Aldo Frick: Aufgrund der gestiegenen Netzkosten haben wir die Abo-Preise angepasst, aber das haben nicht nur wir gemacht, sondern auch andere Marktteilnehmer. Es gab bei uns einen sehr leichten Knick bei den Abos, aber der Knick ist nicht so stark ausgefallen wie erwartet und mittlerweile haben sich die Zahlen gut stabilisiert.

Seit dem Glasfaserausbau per Ende 2023 sind sämtliche Haushalte in Liechtenstein an das Netz angeschlossen. Heisst das, der Markt ist gesättigt?
Aldo Frick: Das Ziel ist es, in diesem Bereich wieder zuzulegen. Durch den Technologiewechsel kam es zu Verschiebungen am Markt, zudem gab es mit 7acht von Salt einen neuen Marktteilnehmer im Marktsegment Internet. Für uns war die Veränderung beim Marktanteil in einem normalen Ausmass.

Sie haben im Bereich Internet noch 50 Prozent Marktanteil, früher hatten Sie bis zu 57 Prozent. Sind diese rund 10’000 Internetanschlüsse für Sie ein beruhigendes Polster oder wollen Sie noch mehr vom Kuchen?
Aldo Frick: Natürlich ist dies ein grosser Anteil, gerade wenn man sieht, dass sich die andere Hälfte viele Marktteilnehmer untereinander aufteilen.

Alle anderen sind sehr klein.
Aldo Frick: Ja. Unser Bestreben ist natürlich, die Zahlen zu halten und mindestens mit dem Markt zu wachsen. Wir können oft mit unserem sehr guten Service überzeugen.

Sie stehen in Konkurrenz zu anderen Marktteilnehmern.
Franz Wirnsperger: Das ist so, und die Konkurrenz ist in Liechtenstein sogar viel intensiver als zum Beispiel in der Schweiz. Der Technologiewechsel von der alten Festnetzinfrastruktur auf Glasfaser war für uns als Provider mit dem grössten Marktanteil eine zusätzliche, riesige Herausforderung. Die Kunden wurden durch den Anschluss der Gebäude an die Glasfaserinfrastruktur praktisch dazu gezwungen, einen Partner für die Installation der Hausanschlüsse auszuwählen. Für viele stellte sich die Frage, ob sie den Provider wechseln wollen. Für den Anbieter mit den meisten Marktanteilen ist das natürlich am herausforderndsten. Wir mussten den Marktanteil praktisch auf einmal neu erobern oder verteidigen. Aus dieser Perspektive heraus sind wir sehr froh, wie es herausgekommen ist.

Heisst das, für die Telecom Liechtenstein war die flächendeckende Umstellung auf Glasfaser am kostenintensivsten?
Franz Wirnsperger: Es war bei Weitem am kostenintensivsten für uns. Ich glaube, der schnelle Wechsel in Liechtenstein zur neuen Infrastruktur wäre gar nicht möglich gewesen, wenn es keinen grösseren Provider gegeben hätte, der den Grossteil der Umstellungen dann auch in den Haushalten finanziert und gemeinsam mit Partnern durchgeführt hat.

Die LKW haben die Glasfaserverlegung durchgeführt.
Franz Wirnsperger: Richtig, aber damit war es ja noch nicht getan. Dazu kamen Anschlüsse und Verkabelungen in den Häusern.

Sie haben mit Partnern, zum Beispiel mit Elektrounternehmen, zusammengearbeitet.
Franz Wirnsperger: Teilweise waren sie von uns oder von den Mitbewerbern angestellt und zum Teil haben wir es selbst gemacht. Auch während der Umstellungsphase mussten wir unsere Kapazitäten aufrechterhalten. Wir sind sehr froh, dass diese Herausforderung gut über die Bühne gegangen ist, auch mit den notwendigen Preiserhöhungen. Die letzte Erhöhung der LKW-Leitungspreise war ja nur der letzte Schritt. Insgesamt haben sich die Kosten für die Miete der Leitungen seit dem Wechsel von Kupferleitungen zur neuen Glasfasertechnologie mehr als verdoppelt. Das bedeutet, dass unsere Margen und die aller Provider mit dem Technologiewechsel signifikant gesunken sind.

Die zweite grosse Herausforderung ist der Rückgang bei der Festnetztelefonie. Der Rückgang wurde durch den Wechsel auf Glasfaser noch beschleunigt. Das Geschäft mit der Festnetztelefonie ist seit Jahren rückläufig.

Das sind die Gründe, warum Sie im Moment strategisch neue Geschäftsfelder entwickeln und umsetzen, nehme ich an.
Franz Wirnsperger: Genau. Wir bearbeiten sozusagen alle Ecken des Geschäftsmodells. Um die Organisation wirtschaftlich nachhaltig zu halten, müssen wir uns einerseits durch Service differenzieren und andererseits mussten wir deutlich effizienter werden sowie vor allem den Rückgang der Margen aus dem Kerngeschäft durch neue Geschäftsfelder ersetzen. Unsere Kernstossrichtung für diese Transformation war es, für die neuen Geschäftsfelder unsere Kompetenzen aus dem Kerngeschäft zu skalieren und geschickt Partnerschaften einzugehen. Bei der Effizienzsteigerung half uns die Umstellung der gesamten Organisation auf agile Organisationsformen und Arbeitsweisen.

Ist die Auslagerung der IT auch eine Folge davon?
Aldo Frick: Ja. Wir wollten uns auf unser Kerngeschäft Telekommunikationsservice konzentrieren. Inhaltlich passen diese Bereiche zwar zusammen, nicht aber bezüglich Organisation – das IT-Geschäft ist projektgetrieben, unser Kerngeschäft ist transaktionsgetrieben. Wir haben lange nach einem Partner gesucht, um diesen Bereich auszulagern. Schliesslich konnten wir SL One – die ehemalige HSL AG – übernehmen, unser IT-Dienstleistungsgeschäft dort einbringen und mithilfe der Kompetenzen eines weiteren erfahrenen Partners das Geschäft weiterentwickeln.

Franz Wirnsperger: Firmen wie die Swisscom haben genügend Ressourcen, um eigene Abteilungen aufzubauen. Wir hatten nicht die Kompetenzen und die Ressourcen, um ein professionelles IT-Dienstleistungsgeschäft aufzuziehen. Daher haben wir von Anfang an auf Partnerschaften gesetzt.

Sie haben auch in Blockchain investiert, ein Tochterunternehmen gegründet, die LTIN AG.
Franz Wirnsperger: Die Motivation zur Gründung der LTIN AG (Liechtenstein Trust Integrity Network) entspringt der gleichen strategischen Logik, nämlich neue Geschäftsfelder zum Ersatz des Rückgangs im Kerngeschäft zu etablieren. Wir haben in den letzten acht Jahren zwei Geschäftsfelder erfolgreich entwickelt, bei denen wir unsere Kompetenzen aus dem Kerngeschäft erfolgreich einbringen konnten: das White-Label-Geschäft in der Schweiz und das internationale Internet-of-Things-Geschäft. Es war klar, dass wir noch einen weiteren Pfeiler finden müssen. Glücklicherweise haben wir im Verwaltungsrat Know-how im Bereich Blockchain-Technologie. Die Telecom Liechtenstein wird zukünftig eine Mehrheit an der LTIN AG halten, wird aber grössere Anteile an Partner abgeben.

Was macht die LTIN konkret?
Aldo Frick: Die LTIN ist ein eigenständiges Tochterunternehmen mit einem klaren Ziel: Eine moderne, sichere und nachhaltige Blockchain-Betriebsinfrastruktur, die komplett in Liechtenstein verankert ist, anzubieten.

Müssen Sie diese Infrastruktur erst aufbauen?
Aldo Frick: Wir müssen die Rechenleistung ausbauen, die Basisinfrastruktur ist da. Wir brauchen für die Bereitstellung unserer Dienste auch Rechenleistungen aus unseren Rechenzentren und deshalb passt das sehr gut in unser Kerngeschäft. Damit das nicht falsch verstanden wird: Wir bieten die Basisinfrastruktur-Dienstleistungen, wir wer den selbst nicht Blockchains oder Blockchain-Applikationen, wie sie z. B. in der Finanzdienstleistungsbranche verwendet werden, anbieten.

Welche Art von Partner könnten denn mit der LTIN kooperieren?
Aldo Frick: LTIN arbeitet mit führen den Blockchain-Betreibern und Anbietern von Applikationen, die Blockchain Technologie verwenden, zusammen. Es sind im Markt etablierte Partner, die die Blockchain-Technologie nutzen, um die Digitalisierung von Vermögenswerten wie zum Beispiel Finanzinstrumente, Geld, Immobilien, Kunst etc. zu unterstützen. Ein sehr rasch wachsen der Markt.

Franz Wirnsperger: Wir haben die Kompetenz zum Betrieb der dafür notwendigen Rechenzentren und die Rahmenbedingungen in Liechtenstein sind optimal dafür. Liechtenstein ist das erste Land, das ein Blockchain-Gesetz geschaffen hat. Seitdem hat man im Umgang mit der Blockchain-Technologie sehr viel Kompetenz in der
Verwaltung und Regulierung aufgebaut. Liechtenstein geniesst dadurch international entsprechende Aufmerksamkeit in der Branche. Die Marktteilnehmer wissen, dass hier viel Kompetenz und regulierte Rahmenbedingungen herrschen, und genau diese Sicherheit suchen sie.

Gibt es Konkurrenten oder haben Sie ein Alleinstellungsmerkmal?
Aldo Frick: Die Kombination aus Basisinfrastruktur und den bestehenden Rahmenbedingungen in Liechtenstein bildet ein Ökosystem und ist als solches ein Alleinstellungsmerkmal. Mit dem neuen Geschäftsfeld können wir wiederum unsere bestehenden Kompetenzen skalieren und so soll es unser Angebot sinnvoll ergänzen.

Franz Wirnsperger: Wir konkurrieren mit niemanden in Liechtenstein, sondern wir erhoffen uns, dass wir zahlreiche Geschäftspartner in einer wachsenden Branche, auf die auch die Finanzplatzstrategie des Landes abstellt, nach Liechtenstein holen können.

Aber auch ins Segment Mobilkommunikation wollen Sie weiter investieren. Sie wollen unter anderem auch eigenständiger Operator am Schweizer Markt werden. Was heisst das konkret?
Aldo Frick: Ein Mobilfunknetz besteht – vereinfacht gesprochen – aus dem Mobile Core und dem Funknetz mit den ganzen Sendemasten und Antennen. Der Mobile Core ist das Herzstück eines Mobilfunknetzes. Er prüft die Berechtigungen jedes Nutzers, leitet Anrufe, Nachrichten und Daten weiter, verbindet mit dem Internet, sorgt für Sicherheit und Abrechnung. Heute haben wir in Liechtenstein unser eigenes Funknetz und nutzen beim Mobile Core die Services von A1, wo hingegen wir uns in der Schweiz komplett auf Sunrise stützen. Nun bauen wir in Kooperation mit Nokia einen eigenen Mobile Core für beide Länder auf, der redundant in Liechtenstein
und der Schweiz betrieben wird. Wir haben in Liechtenstein weiterhin unser eigenes Funknetz und werden es auch spürbar optimieren. In der Schweiz werden wir ab April 2026 das Funknetz von Swisscom nutzen. So sollten wir für beide Märkte optimal aufgestellt sein und durch dieses vollintegrierte Set-up werden künftig auch die Netzwechsel an der Schweizer Grenze deutlich schneller und einfacher.

Worin bestehen Ihre Aktivitäten auf dem Schweizer Markt?
Franz Wirnsperger: In der Schweiz bieten wir primär Mobile-Dienstleistung gen für Wiederverkäufer an. Infrastrukturunternehmen wie Kabelnetzbetreiber, Stadtwerke und ISPs können dank unserem Service innert weniger Monate zum Mobilfunkanbieter samt Netzkennung am Display und eigener SIM-Karten auftreten. So bedienen wir
heute bereits doppelt so viele Mobile Kunden auf dem Schweizer Markt wie in Liechtenstein.

Sie haben kommuniziert, dass auch das Funknetz in Liechtenstein deutlich verbessert werden soll.
Aldo Frick: Genau. Wir werden sehr viel Geld investieren, damit wir in den nächsten Monaten die Mobile-Netzqualität des FL1-Netzes für die Kundschaft
spürbar verbessern können. In einem ersten Schritt werden die bestehenden Anlagen optimiert. Zahlreiche Standorte müssen überdies statisch verstärkt wer
den, um die neuen adaptiven Antennen für das 5G Netz tragen zu können, welche die Leistung in Richtung der jeweiligen aktiven Nutzer fokussieren können.
Und als Krönung werden das Liechtensteiner und das Schweizer Funknetz mit demselben Mobile Core verbunden und können so optimal aufeinander abgestimmt werden.

Franz Wirnsperger: Im Moment ist es in Liechtenstein, vor allem aufgrund der Grenzwerte, eine sehr grosse Herausforderung, durchgehend ein gutes Mobilfunknetz anzubieten. Die Grenzbereiche zur Schweiz und zu Österreich verkomplizieren die Situation zusätzlich. Im Ergebnis wird man in der Zukunft von einer besseren Netzabdeckung, durchwegs hohen Datenraten sowie schnellen Netzwechseln im Grenzbereich profitieren.

Die Konkurrenz wird grösser wer den. Mitbewerber wie Salt wollen auch ein Stück vom Kuchen haben.
Franz Wirnsperger: Absolut. Es herrscht sehr intensiver Wettbewerb auf dem Markt und es ist schwierig, sich zu differenzieren. Dazu braucht es grosse technische Investitionen, ansonsten kann man sich nur über Dienstleistungen differenzieren. Und das ist auch grundsätzlich unsere Strategie. Mit unserer relativen Grösse auf dem Markt Liechtenstein und der intakten finanziellen Situation aufgrund der erfolgreichen Transformation können wir hier sowohl bezüglich Investitionen als auch des Service einen Vorteil ausspielen.

Herr Wirnsperger, Ihre gemäss Statuten maximal zulässige zweite ordentliche Mandatsperiode wurde gestern in der Generalversammlung um eine ausserordentliche Periode bis Ende 2025 verlängert. Was ist der Grund?
Franz Wirnsperger: Wir sind mitten in der strategischen Entwicklung von neuen Geschäftsfeldern. Dies möchten wir mit einem eingespielten Team abschliessen. Ein weiterer Grund liegt in der zeitlichen Verfügbarkeit meines Nachfolgers.

Ab 1. Januar 2026 wird Richard Quaderer neuer Verwaltungsratspräsident.
Franz Wirnsperger: Genau, er steht noch nicht unmittelbar zur Verfügung und wir sind mitten im Aufbau von LTIN, deshalb wurde diese Möglichkeit zur Verlängerung der Mandatsperiode gewählt.

Factbox
Die Telecom Liechtenstein AG konnte 2024 dank der Steigerung des operativen Ergebnisses sowie des positiven Finanzergebnisses einen Jahresgewinn von 3,6 Millionen Franken erzielen und wird eine Dividende von 1,1 Millionen Franken an das Land überweisen.

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